Visma-BlamageVan Aert übernimmt Verantwortung, Unterstützung von Vollering

Thomas Goldmann

 · 03.04.2025

Visma-Blamage: Van Aert übernimmt Verantwortung, Unterstützung von VolleringFoto: picture alliance/dpa/Belga / Dirk Waem
Wout van Aert musste bei Dwars door Vlaanderen eine bittere Niederlage einstecken
Bei Quer durch Flandern erlebt das Team Visma | Lease a Bike eine denkwürdige Niederlage. Trotz zahlenmäßiger Überlegenheit im Finale unterliegt Wout van Aert im Sprint gegen Neilson Powless. Der Belgier übernimmt die Verantwortung für die falsche Taktik. Zuspruch gibt es von prominenter Stelle.

Visma-Blamage erinnert an Quick Step

Das Team Visma | Lease a Bike und sein Kapitän Wout van Aert haben bei der 79. Austragung von Quer durch Flandern eine der denkwürdigsten Niederlagen eines Teams in der Geschichte des Radsports erlitten. Trotz zahlenmäßiger Überlegenheit im Finale mit drei Fahrern in der vierköpfigen Spitzengruppe musste sich van Aert im Sprint dem US-Amerikaner Neilson Powless vom Team EF Education - EasyPost geschlagen geben. Die Visma-Niederlage erinnerte an das Jahr 2015, als sich Ian Stannard (Team Sky) alleine gegen drei Quick-Step-Fahrer um Tom Boonen bei Omloop Het Nieuwsblad durchsetzte. Soudal Quick-Step postete nach Quer durch Flandern auf seinem X-Kanal eine entsprechende Fotomontage, die auf damals anspielte.

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Die Entscheidung, bei Visma auf den Sprint zu setzen, anstatt die Überzahl auszunutzen, erwies sich als fataler taktischer Fehler. Dabei entwickelte sich das 184,2 Kilometer lange Rennen von Roeselare nach Waregem zunächst nach Plan für die Niederländer. Rund 70 Kilometer vor dem Ziel gelang es van Aert gemeinsam mit seinen Teamkollegen Tiesj Benoot und Matteo Jorgenson, sich vom Hauptfeld abzusetzen. Einzig Powless konnte dem Trio im Finale folgen. Mit einem Vorsprung von fast einer Minute ging die vierköpfige Spitzengruppe auf die letzten Kilometer. Trotz der klaren Überzahl verzichtete Visma | Lease a Bike darauf, Powless durch wechselnde Attacken unter Druck zu setzen. Stattdessen vertraute man auf die Sprintfähigkeiten von van Aert.

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Wout van Aert übernimmt Verantwortung für taktischen Fehler

Auf der Zielgeraden lancierte Benoot den Sprint für van Aert. Doch der Belgier konnte seine Position nicht halten und wurde von Powless noch abgefangen. Bereits kurz nach dem Rennen gab sich van Aert sehr selbstkritisch vor den Fernsehkameras: “Ausnahmsweise habe ich mal an mich gedacht. Ich wollte einfach nicht, dass wir es vermasseln und dass einer meiner Teamkollegen dieses Rennen gewinnt. Das ist ein großer Fehler. So bin ich nicht. Deshalb bin ich auch extrem enttäuscht”, so der 30-Jährige.

Auf der Website seines Teams Visma | Lease a Bike äußerte sich der Belgier dann nochmal ähnlich. “Ich übernehme die volle Verantwortung für diese Enttäuschung”, erklärte van Aert. “Ich habe Tiesj, Matteo und den Sportdirektoren gesagt, dass wir auf den Sprint setzen sollten. Ich war zuversichtlich, dass wir Neilson auf diese Weise schlagen könnten, aber jetzt, wo wir es nicht geschafft haben, kann ich nur sagen, dass wir einen großen Fehler gemacht haben. Wenn man drei Fahrer in einer Vierergruppe hat und nicht gewinnt, hat man nicht alles perfekt gemacht. Es war meine Entscheidung, also übernehme ich die Verantwortung.”

“Ich übernehme die volle Verantwortung für diese Enttäuschung” - Wout van Aert

Die Enttäuschung bei Visma | Lease a Bike war greifbar. Sportdirektor Grischa Niermann versuchte dennoch, positive Aspekte aus dem Rennen zu ziehen: “Natürlich können wir nicht sagen, dass es ein perfekter Plan war, wenn wir nicht gewinnen. Lange Zeit war ein Angriff aus der Fluchtgruppe keine Option, weil die Verfolger zu nahe dran waren. Am Ende hätten wir es versuchen können, aber als Team haben wir uns für den Sprint entschieden. Alle haben an diese Entscheidung geglaubt.”

Demi Vollering zeigt Verständnis und mahnt zu mehr Mitgefühl

In einem bemerkenswerten Social-Media-Post meldete sich anschließend die niederländische Topfahrerin Demi Vollering zu Wort und zeigte Verständnis für van Aerts Situation. “Wir sollten nicht vergessen, dass wir alle Menschen sind. Wir lieben ein bisschen Drama. Wir lieben Außenseiter-Geschichten. Wout ist auch nur ein Mensch. Dieser Kerl hat viel durchgemacht! Und jeder hatte seine Meinung über ihn”, schrieb Vollering auf Instagram.

Die Niederländerin warnte davor, vorschnell zu urteilen und erinnerte an die mentale Belastung, der Spitzenfahrer wie van Aert ausgesetzt sind: “Wir sind versucht, alles zu vergessen, was er durchgemacht hat, und wir wissen wahrscheinlich nicht einmal die Hälfte davon, weil wir nicht in seinen Kopf schauen oder verstehen können, was das in ihm auslöst.”

Ein Weckruf für den Radsport?

Vollering sieht in der Niederlage von van Aert eine Lehre für den gesamten Radsport: “Es ist eine Lektion. Ein Weckruf für Visma und Wout, aber nicht nur für sie. Es ist eine Lektion und ein Weckruf für uns alle. Er ist ein Mensch. Wir sind alle Menschen. Ich glaube, ich war schon in seiner Situation. Man denkt, man trifft die richtigen Entscheidungen, aber unter zu viel Druck, unter zu viel Fokus, kann man es nicht mehr sehen. Und wir werden es in diesem Moment nie erkennen...”

Die Worte der Niederländerin erinnern daran, dass hinter den sportlichen Leistungen und taktischen Entscheidungen immer Menschen stehen, die unter enormem Druck agieren. Der Vorfall bei Quer durch Flandern könnte so zu einem Moment der Reflexion im Radsport werden – über den Umgang mit Erwartungen, Druck und den menschlichen Aspekten des Spitzensports.

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